Historisches Exten

Der Ort Exten hat seit dem Jahre 1885 eine Postanstalt. Doch schon fast 300 Jahre vorher führte eine Postlinie an der westlichen Grenze der Gemarkung – der heutigen Kasseler Straße, oder kurz "L 435" – entlang. Erstmals urkundlich erwähnt ist im Jahre 1590 eine Botenpost von Frankfurt nach Hamburg, die ihren Weg über Lemgo, Bösingfeld, Bremke und Rinteln nahm. Nachdem dem hessischen Landgrafen im Westfälischen Frieden 1648 ein Teil der ehemaligen Grafschaft Schaumburg mit dem Hauptort Rinteln zugesprochen worden war, richtete dieser noch im selben Jahr eine Fahrpost und eine Reitpost von Kassel über Rinteln nach Minden ein. Die Route führte von Bad Pyrmont über Barntrup, Bösingfeld, Bremke, Friedrichshöhe und Uchtdorf nach Rinteln. Noch heute erinnern Straßennamen in Todenmann und Bösingfeld an diese Postlinie. Die Reitpost verkehrte seit 1774 zweimal wöchentlich, die Fahrpost ab 1841 täglich. Die Postlinie bestand bis 1875, als die Eisenbahnstrecke von Löhne nach Hameln in Betrieb genommen wurde und Rinteln damit Anschluss an das damals schon umfangreiche deutsche Bahnnetz erhielt.

Direkte Verbindung zur Post erhielten die Exter Bürger, als in den Landorten die Zustellung der Brief- und Paketpost eingeführt wurde. Dies dürfte um 1830 gewesen sein: der genaue Zeitpunkt konnte nicht ermittelt werden. Die ersten Landbriefträger gab es übrigens 1813 in Kassel und ab 1824 in Preußen. Als Vergütung erhielt ein Landbriefträger monatlich sechs Taler und jährlich sechs Taler Stiefelgeld und einen Dienstrock. Eine Bekanntmachung der kurfürstlichen Regierungs- Commision in Rinteln vom 6. September 1858 besagt, dass die Landbriefträger auf ihren Gängen auch die Dienstbriefe der Ortsvorstände abzuholen hatten. Hierfür musste die Gemeinde Exten jährlich zwei Taler und 7 Silbergroschen zahlen. Die Landzustellung wurde zweimal wöchentlich durchgeführt. Zum Transport der Sendungen bediente man sich zeitweise eines Hundewagens. Die Ankunft im Ort wurde mit einer Signalpfeife kundgetan. Die Wege der Landbriefträger führten von Rinteln über Exten nach Uchtdorf, Wennenkamp und Friedrichswald sowie nach Strücken, Hohenrode, Rumbeck, Heßlingen und Friedrichsburg.

Nach der Reichsgründung im Jahre 1871 ging die Postverwaltung dazu über, in den größeren Landorten Postagenturen einzurichten. Dies brachte den Bewohnern erhebliche Verbesserungen. So konnten jetzt alle Dienstgeschäfte im Ort abgewickelt werden. Die Zustellung wurde nun werktäglich durchgeführt. Die Wegeleistungen der Briefträger verkürzten sich, obwohl noch jahrzehntelang Fußmärsche von 20 – 25 kilometern täglich keine Seltenheit waren.

ExtenExten erhielt am 10. Mai 1885 eine Postagentur. Erster Postagent war der Kaufmann und Gastwirt Heinrich Rohe. Die Postagentur wurde eingerichtet im Haus Nr. 40 – jetzt Mittelstr. 1 -, wo sich die Post nach einigen Umbauten bis Ende des 20. Jahrhunderts befand. Der Bereich der Postagentur umfasste die Orte Exten, Strücken, Hohenrode, Uchtdorf, Volksen, Wennenkamp und Friedrichswald. In den meisten zugeteilten Landorten richtete man „Posthülfsstellen“ ein: 1885 in Hohenrode bei Gastwirt Nagel, 1887 in Uchtdorf bei Gastwirt Rehmert, 1888 in Strücken bei Gastwirt Bünte und in Wennenkamp bei Gastwirt Winter. Die Posthilfsstellen nahmen Sendungen an, die sie dann den Landbriefträgern zur Weiterleitung an die Postagentur übergaben. In der Anfangszeit waren im Ort zwei und im Landbereich fünf Briefkästen aufgestellt. Sie waren damals blau gestrichen. Die Briefkästen wechselten übrigens später noch zweimal die Farbe, und zwar nach politischen Veränderungen. Ab 1934 wurden sie rot und ab 1946 wurden sie gelb.

In den ersten vier Jahrzehnten ihres Bestehens wurde die Postagentur versorgt von der Landpost Rinteln – Bremke, die am 1. September 1909 nach folgendem Fahrplan verkehrte:

8.30  ab Rinteln             an 7.00  Nachmittags
9.00      Exten                    6.25
9.25      Uchtdorf                6.05
-           Bögerhof                5.35
9.40      Friedrichshöhe       -
9.50  an Bremke            ab 5.15 Nachmittags

Bei dieser Landpost handelte es sich um einen posteigenen Wagen, zu dem der fahrende Landbriefträger das Pferd stellen musste. Dieses durfte beim Kauf nicht älter als sechs Jahre sein. Dem Landbriefträger war gestattet, auf eigene Rechnung und Gefahr zwei Reisende auf dem Bocksitz des Wagens mitzunehmen, sofern ihm diese als zuverlässig bekannt waren. Nach der Ankunft in Bremke musste der Landbriefträger dort noch die Post zustellen. Als Vergütung erhielt er 1892 einen Betrag von 620 Mark jährlich.
Einer der letzten fahrenden Landbriefträger – auch Postillion genannt – war Friedrich Dohm.

Am 1. November 1905 gingen die Dienstgeschäfte von dem bisherigen Postagenten auf dessen Sohn Heinrich über, der die Postagentur bis zu seinem Tod am 11. August 1917 führte. Danach übernahm zunächst die Witwe, später deren Vater Wilhelm Rehmert die Postagentur. Als Briefträger aus dieser Zeit sei noch Ludwig Horstmann genannt, der später berichtete, dass zum 25-jährigen Jubiläum der Postagentur im Jahre 1910 die Postinspektoren aus Rinteln umgeschnallt und mit Säbel erschienen.

Aus den Jahren 1903 bis 1914 sind auch die Finanzergebnisse der Postagentur bekannt. Hier ist vermerkt, dass 1909 die etatmäßigen Einnahmen bei weitem nicht reichten, die Ausgaben zu decken. Begründet wurde dies mit dem Rückgang der Einnahmen aus dem Verkauf von Postwertzeichen durch schlechten Geschäftsgang der Korbmacherindustrie und Mehrausgaben infolge Erhöhung der Vergütung des Postagenten und der Unterbeamtenbesoldung.

Im Jahre 1910 verkleinerte sich der Zustellbezirk der Postagentur Exten. Die Orte Volksen mit Weseberg, Wennenkamp mit Passenstein und Friedrichswald wurden der Postagentur Bremke zugeteilt. Weshalb diese Änderung vorgenommen wurde, ist nicht bekannt. Für die Landbriefträger war der Weg zu den Bergdörfern von Exten und von Bremke gleich beschwerlich.

Exten1919 erwarb der Gast- und Landwirt Wilhelm Stock das Haus des bisherigen Postagenten Rehmert. Dieser schied auf eigenen Wunsch zum 30. Juni 1919 aus dem Postdienst aus. Am 1. Juli 1919 übertrug die Oberpostdirektion Minden die Postagentur auf Wilhelm Stock.

80 Jahre wird die Postagentur nun von der Familie Stock geleitet.

Postagent Stock erhielt anfangs für die recht umfangreiche Tätigkeit eine Jahresvergütung von 720 Mark und eine Kriegszulage von 468 Mark.

In einem Revisionsbericht vom 17. April 1921 heißt es: “Die Korbflechterei liegt seit Anfang des Jahres vollständig danieder; einige hundert Korbflechter sind als Ziegler in die Fremde gegangen.“ Dies wirkte sich wiederum negativ auf den Geschäftsumfang der Postagentur aus.

Am 16. Juni 1929 trat eine Änderung in der Versorgung der Postagentur ein. Nach Fertigstellung des letzten Teilstückes der Extertalbahn Rinteln – Barntrup wurde auf dieser Strecke eine Bahnpost eingerichtet, die mit Personal des Postamtes Bösingfeld besetzt war. Die Exter Briefträger mussten jetzt die Postsendungen morgens mit einer Handkarre vom Bahnhof abholen und abends dorthin bringen. Zu dieser Zeit waren im Zustelldienst tätig: Wilhelm Bokeloh, Heinrich Möller und August Flörke. Aus den Dreißiger Jahren sind dann Wilhelm Steinsiek, Heinrich Kuhlmann und Wilhelm Everding zu nennen.

Eine Landzustellübersicht aus dem Jahre 1930 zeigt die Einteilung der drei Zustellbezirke:

Bezirk 1
Ort
Strücker Chaussee
Saarbeck
Hohenrode
Schünebusch
Dobbelstein

Bezirk 2
Behrenstrasse
Kl. Eisenhammer
Ossenbeeke
Ob. Eisenhammer
Forsth. Taubenberg
Strücken

Bezirk 3
Kehl
Kösterbrink
Uchtdorf
Maasberg
Steinbrink
Schwarzenbrink

Das Hochwasser vom 11. Juni 1937 brachte auch in der Postagentur erhebliche Verwüstungen. Das Wasser stand vier bis fünf Stunden lang etwa 1,20 Meter hoch in den Diensträumen. Es bedurfte vieler Anstrengungen, die Schäden zu beseitigen.

Am 1. Juli 1937 trat eine Verbesserung in der Zustellung ein. In Exten (im Postamtsbereich neben Eisbergen und Steinbergen) wurde eine zweite Ortszustellung eingeführt. Die Bewohner im Ortskern erhielten also auch nachmittags noch mal Post. Der Zusteller benötigte hierfür täglich 1 Stunde und 40 Minuten. Auch sonntags wurde im Ort die Post ausgetragen.

Eine bedeutende Veränderung brachte der 16. Oktober 1938. An diesem Tag wurde im gesamten Bereich des Postamts Rinteln die „Landverkraftung“ eingeführt. Die Landorte wurden nun durch Landkraftposten bedient, die werktäglich zweimal und sonntags einmal verkehrten und auch Personen beförderten. In den kleinen Orten wurden Poststellen eingerichtet, so in Uchtdorf, Hohenrode und Strücken. Der Bereich der Postagentur umfasste jetzt nur noch die Gemeinde Exten und den auf Rintelner Stadtgebiet liegenden Bahnhof Exten. Es blieb lediglich ein Zusteller (Hermann Grabbe), der vormittags den Ortskern sowie Krümpel, Obernfeld, Eisenhammer und Kehl und nachmittags noch mal den Ortskern bediente. Die Wochenarbeitszeit betrug 51 Stunden. Der Postamt-Ortsname lautet nun „Exten über Rinteln“ statt bisher „Exten, Grafschaft Schaumburg“. Der Landbereich des Postamtes Rinteln hatte zu diesem Zeitpunkt seinen größten Umfang. Er reichte von Rolfshagen im Norden bis nach Almena im Süden und von Veltheim im Westen nach Pötzen im Osten.

Am 1. April 1939 wurden im gesamten Reichsgebiet die Postagenturen in Poststellen I umbenannt, die bisherigen Poststellen erhielten die Zusatzbezeichnung II. Die Postagenten bekamen die Dienstbezeichnung Posthalter.

Während des zweiten Weltkrieges traten wiederholt Verschlechterungen im Dienstbetrieb ein. Bereits am 6. September 1939 wurde die Nachmittagsfahrt der Landkraftpost eingestellt, später dann die Sonntagszustellung. Zur Erleichterung der Verteilarbeit wurden Postleitzahlen eingeführt. Alle Orte in den Oberpostdirektionsbezirken Münster (wozu auch Exten gehörte) und Dortmund erhielten die Postleitzahl "21". Bald wurde dann eine Unterteilung in "21a" für Münster und "21b" für Dortmund vorgenommen.

Bei Beginn der Kampfhandlungen im Raum Rinteln Anfang April 1945 kam der Postbetrieb ganz zum Erliegen. Er kam in den Folgemonaten nur schrittweise wieder in Gang. Am 1. Juni 1945 wurde der Rentendienst und der Postsparkassendienst aufgenommen. Ab 1. Juli 1945 genehmigte die Besatzungsbehörde den Postverkehr innerhalb der britischen Zone. Eine Zustellung fand jedoch erst ab 1. August 1945 wieder statt, und zwar jeden zweiten Werktag. Auch die Landkraftposten verkehrten ab diesem Tag wieder. Ab 1. Mai 1946 wurde die Zustellung dann täglich (außer sonntags) durchgeführt. Die Zustellbezirke gliederten sich wie folgt:

Bezirk 1
Ort
Obernfeld
Strücken
Krümpel

Bezirk 2
Ort
Kehl
Uchtdorf
Taubenberg
Eisenhammer

Bezirk 3
Ort

Es gehörten jetzt also auch wieder die Orte Strücken und Uchtdorf zum Zustellbereich. Hier hatte man nach Kriegsende die Poststellen II aufgelöst. Zusteller waren im Mai 1946 Herinrich Büthe, Friedrich Hupe und im Bezirk 3 mit einer Wochenarbeitszeit von 21 Stunden Walter Hupe, für den später Fritz Frewert kam.

Am 1. August 1946 wurde das Postamt Rinteln der Oberpostdirektion Hannover angegliedert. Hierdurch änderte sich die Postleitzahl für Exten in "20a".

Zum 1. April 1952 verkleinerte sich der Zustellbereich der Poststelle I Exten wieder. In Uchtdorf wurde eine Poststelle I eingerichtet. Die Zustellbezirke teilte man nun so ein:

Bezirk 1
Obernfeld
Strücken
Krümpel

Bezirk 2
Ort

Bezirk 3
Kehl
Eisenhammer

Für den Bezirk 3 waren zunächst 14 Wochenstunden erforderlich. Infolge der regen Bautätigkeit in Exten erhöhte sich die Arbeitszeit ständig, so dass schließlich drei Vollkräfte im Zustelldienst beschäftigt wurden. Zusteller waren in den Jahren bis zur Zentralisierung (1983) Erich Leopold, Wilhelm Kütemann, Gertrud Müller, Albert Strahl, Hubert Klose, Helmut Budde und Gerda Reinhardt.

Am 5. April 1954 wurde bei der Poststelle eine Postfachanlage in Betrieb genommen. Hierduch war Postkunden die Möglichkeit gegeben, ihre Sendungen abzuholen. Exten war der einzige Landort im Rintelner Postamtsbereich, der eine solche Anlage besaß.

Zum 1. Juli 1954 trat ein Wechsel in der Person des Posthalters ein. Die Dienstgeschäfte gingen auf Wilhelm Stock junior über. Der bisherige Posthalter war dann noch einige Jahre bis zur Pensionierung als Hilfskraft des Posthalters eingesetzt. Danach hat diese Tätigkeit die Schwester des Posthalters, Frau Erna Edeler, bis zum Jahre 1983 ausgeübt.

Ein besonderer Tag für die Post in Exten war der 1. Juni 1960. Die Poststelle I wurde in ein Postamt umgewandelt. Dies war möglich geworden, weil die Personalstärke auf fünf Kräfte angestiegen war. Betriebsleiter blieb der bisherige Posthalter Wilhelm Stock, der dann die Prüfung für den mittleren Postdienst ablegte und bald zum Postobersekretär aufrückte.

Im Jahr 1961 führte die Post neue Postleitzahlen ein, die ortsbezogen sind. Im Verteildienst bei den großen Postämtern traten hierdurch erhebliche Verbesserungen und Erleichterungen ein. Exten erhielt die Postleitzahl "3263".

Am 1. Dezember 1973 wurden neue Diensträume bezogen, nachdem die Gastwirtschaft in den nebenan errichteten Neubau verlegt worden war.

Die am 1. März 1974 in Kraft getretene Gebietsreform brachte auch für die Post einschneidende Änderungen. Die Postanstalten in den eingegliederten Gemeinden verloren ihren Ortsnamen. Sie hießen nun alle Rinteln. Lediglich eine Zusatzbezeichnung unterscheidet sie voneinander. so wurde Exten am 1. 7. 1975 in "Rinteln 3" umbenannt. Die Postleitzahl für den gesamten Bereich der Stadt Rinteln lautete nun "3260". Die Zustellung für das ganze Stadtgebiet wurde in Rinteln zentralisiert. Hierfür waren im Postamt Rinteln größere Umbauten erforderlich, für die Mittel nicht sogleich zur Verfügung standen. So dauerte es bis zum 1. April 1983, ehe diese Maßnahme durchgeführt werden konnte. Ab diesem Zeitpunkt wird die Zustellung von Rinteln aus mit Kraftwagen vorgenommen. Lediglich in einigen Orten - so auch in Exten - blieben übergangsweise kleine Teilbezirke erhalten. Nach etwa hundert Jahren haben die Zusteller nun wieder gleich weite Wege zurückzulegen, aber mit dem großen Unterschied, dass sie dies statt zu Fuß jetzt mit dem Kraftwagen machen. Gleichzeitig mit der Umsetzung der Zusteller endet nach fast 23 Jahren auch die Zeit des Postamtes Exten. Die Postanstalt wurde wieder in Poststelle I umbenannt. In der Leitung und im Kundendienst trat hierdurch jedoch keine Änderung ein.

Poststempel

nach Rudolf Schüte

Es ist nirgends festzustellen, seit wann Exten eine Schule hat. Urkunden liegen darüber nicht vor. Vermutlich hat Exten kurz nach 1600 eine Schule erhalten.

 

ExtenIm Jahr 1601 trat Graf Ernst I. von Holstein-Schaumburg (24. September 1569 in Bückeburg; † 17. Januar 1622), nachdem sein regierender Bruder Adolf und dessen Erbe verstorben waren, die Regierung in Schaumburg an. Als jüngster von fünf Söhnen Graf Ottos IV. von Holstein-Schaumburg († 1576 in Bückeburg) und dessen zweiter Gemahlin, Elisabeth Ursula von Braunschweig-Lüneburg, bestand lange keine Aussicht zu einer Regierung.

Er wurde einer der bedeutendsten Schaumburger Landesherren und ein großer Kunstmäzen, für den einige der besten Künstler seiner Zeit arbeiteten. Des Weiteren förderte er die Wirtschaft seines Landes, reformierte Kirche und Verwaltung und wurde zum Universitätsgründer. Eine seiner wichtigsten Entscheidungen war die Verlegung der Residenz von Stadthagen nach Bückeburg. Er sanierte die Landesfinanzen und das Land erlebte eine wirtschaftliche Blüte. Die Zünfte förderte er, indem er Siedlungen für sie erbauen ließ. Während seiner verhältnismäßig kurzen Regierungszeit galt seine besondere Fürsorge dem Schulwesen. Er gründete 1610 das Gymnasium Illustre Academia Ernestina in Stadthagen, aus dem 1621 die Universität Rinteln hervorging, damals neben der Universität Helmstedt die einzige in Norddeutschland.  Am Anfang bezahlte er hundert Studenten das Studium. Er schuf eine neue Kirchenordnung für die Grafschaft, in die er auch eine Schulordnung einbaute.

Zu den bereits vorhandenen Stadtschulen und den wenigen Dorfschulen wurden zahlreiche neue Schulen in den größeren Dörfern angelegt. Man vermutet, daß dieser vielleicht bedeutendste Graf Schaumburgs auch die Schule in Exten gestiftet hat. Allerdings muß schon vor 1614 in Exten ein Schulhaus gestanden haben; in diesem Jahr wird nämlich in den Kirchenrechnungen ausdrücklich ein Schulhaus"neubau" erwähnt, der 180 Reichstaler kostete. Aus dieser Tatsache geht auch hervor, daß Exten eine Kirchschule besessen hatte. Während des 30 jährigen Krieges wurde am Schulhaus mehrfach schwerer Schaden angerichtet. Fenster, Türen, Zäune, Öfen, Wände und das Dach wurden zwischen 1624 und 1647 oft zerstört.

Der erste Lehrer in Exten hieß wahrscheinlich Sunnenborg (etwa 1614-1655). Seine Frau nannte man im Dorf die "Schrieftmeistersche", was vermuten lässt, daß die Lehrer zu dieser Zeit "Schriftmeister" genannt wurden. Auf Sunnenborg folgte Cordt Busse. 1668 berichtete dieser ohne Grund und Beweis dem Pfarrer, daß ein gewisser Cordt Schütte zaubern könne, und wurde deshalb zu 1,5 Talern Strafe verurteilt. Eine hohe Strafe, wenn man bedenkt, daß da jährliche Einkommen eines Dorflehrers damals 10 Taler betrug.

Auf Busse folgte etwa 1685 Johann Justus Alberti, auf diesen dann sein Sohn Johann Peter Alberti. Wahrscheinlich lehrten dann die Nachkommen dieser Alberti bis nach 1800 die Extener Kinder.

Alle Lehrer nach Sunnenborg versahen neben ihrem Schulamt auch den Küster- und Kantordienst. In jüngster Zeit aber wurde diese Verbindung allmählich gelöst.


ExtenExtenDie Schule neben der Kirche scheint die ursprüngliche zu sein. Der heutige Bau dort mag wohl aus dem Ende des 18. Jahrhunderts stammen. 1875 baute dann die Gemeinde eine zweite Schule, die auf dem Anger steht. 1908 wird die Schule am Anger erweitert. Eine dritte Lehrerstelle wird geschaffen.

Nach dem 2. Weltkrieg wurden hier 283 Schüler unterrichtet.

 

Goethe

 

Johann Wolfgang von Goethe, geadelt 1782 (* 28. August 1749 in Frankfurt am Main; † 22. März 1832 in Weimar). Er gilt als der bedeutendste deutsche Dichter und herausragende Persönlichkeit der Weltliteratur.

 

 

 

 

Was hat Goethe mit Exten zu tun ?

GoetheAm 20. November 2008 erreichte uns die Mitteilung von Dr. Richard Hüttel vom Museum der bildenden Künste Leipzig (Link), dass unter der Inventar-Nr. I. 8199r eine Goethe-Zeichnung katalogisiert ist, die Freiherr Johann Wolfgang von Goethe um 1783 herum in Exten gemalt hat.

Dr. Hüttel ist dort im Museum Leiter der Graphischen Sammlung, und war über die Internetseite des Heimatvereines mit der Frage an uns herangetreten: "An welchem Teil der Exter kann Goethe dieses Bild gezeichnet haben?" Im Zuge einer genauen Recherche war Hüttel überhaupt erst auf Exten als Ort gekommen. Bis vor kurzem war der dargestellte Ort auf dem Bild völlig unklar. Die Vorbereitung auf die Ausstellung "Erleuchtung der Welt" zum 600. Geburtstag der Universität Leipzig brachten den Stein ins rollen. Die Zeichnung sollte im Zuge der Ausstellung gezeigt werden und kam so in den Fokus der Recherche.

Es handelt sich um eine Bleistiftzeichnung in der Größe von 11,5 x 18,8 cm, die anschließend monochrom ausgetuscht ist. Zu erkennen ist im Vordergrund der Flusslauf der Exter mit einer Wasserschwelle. Die Fließrichtung ist von links nach rechts. Die Uferböschungen sind flach, teilweise erkennt man große Steine. Des Weiteren ist eine Wiese mit Bäumen abgebildet sowie die schemenhaften Konturen von Gebäuden, die teilweise durch die Bäume verdeckt werden und den Hintergrund des Bildes ausmachen. Gefasst ist das Bild in einer markanten grün getuschten Umrahmung.

Was macht uns sicher, dass das Bild in Exten gemalt wurde und auch tatsächlich den Flusslauf der Exter zeigt?

Auf dem Bild erkennen Dr. Hüttel und Restauratorin Bettina Kosel die Buchstaben Ex und en. Der Buchstabe in der Mitte ist nicht zu entziffern. Aufschluß gibt aber Goethe selbst. Goethe hat in tagebuchähnlichen Aufzeichnungen zahlreiche Briefe an Freunde und Bekannte geschrieben. In einem dieser Briefe von Ende Oktober 1783 an seine langjährige Freundin Charlotte von Stein schreibt er folgende Zeilen:

„Deine Freude freut mich über die masen, und ich dancke dir für die gute Aufnahme des Bildes. Hier schick ich die Zeichnung von Exten. Heute fand ich sie und habe sie getuscht. Ziehe ein Rähmgen darum nur nimm dich mit dem Grün in acht. Wenn du von der Herzoginn kommst so schreibe mir wie es heute Abend werden soll. Ich komme gerne und ich dencke ein wenig Bewegung ist mir gut.“

GoetheEs ist historisch belegt, dass Goethe in der Jahren 1776 bis 1784 mehrfach Reisen in den Harz, sowie in den Raum Göttingen und Kassel unternommen hat. Er war mit vielen Künstlern, Wissenschaftlern, Gelehrten und Politikern seiner Zeit befreundet. So auch mit Johann Gottfried Herder, der in der Zeit von 1771 – 1776 als Hofprediger in Bückeburg tätig war. Goethe hat ihn dort besucht. Ebenfalls hat Goethe um 1779 herum Isabella von Wartensleben im Rittergut in Exten besucht. Diesen Besuch hat er schriftlich aus Kassel am 15.09.1779 angekündigt. "Die Gräfin Wartensleben will ich besuchen. Adieu" schrieb Goethe damals an Charlotte von Stein. Die beiden Damen waren befreundet.

Charlotte Wilhelmine Isabella von Wartensleben (1743-1811) war eine geborene zu Lynar. Sie war Tochter des Grafen Rochus Friedrich zu Lynar, seit 1765 verheiratet mit dem Feldmarschalleutnant Graf Friedrich Leopold von Wartensleben, 1770 verwitwet. Sie war Mutter von Graf Karl Friedrich Gideon von Wartensleben.

 

ExtenVielleicht finden sich unter den Unterlagen des Rittergutes aus dem von Wartensleben'schen Nachlass hier noch genauere Erkenntnisse. Erst Jahre später fand Goethe die Zeichnung wieder und schenkte sie Charlotte von Stein. Später gelangte die Zeichnung in die Sammlung des Kunsthistorikers Heinrich Brockhaus. Danach als Geschenk in den Besitz des Museums Leipzig. Doch wo ist der Standort des Bildes? Diese Frage haben sich auch einige Mitglieder des Heimatvereins Exten gestellt.

ExtenUm Goethes Spuren in Exten nachzugehen, haben sich einige Interessierte, darunter Guido Schaper, Bernd Kirchhoff und Christoph Ehleben, zunächst in alten Flurkarten einen groben Überblick verschafft. In der Zeit um 1779 gab es nur vielleicht 50 Gebäude in Exten. Deren Lage grenzt die Bildszene räumlich ein. ExtenIn einer Begehung des Exterlaufes wurde schließlich unter Berücksichtigung der abgebildeten Fließrichtung und der markanten Wasserschwelle ein kleiner Abschnitt ausgemacht, der in die Bildszene passen könnte. Natürlich hat sich die Bebauung in 225 Jahren stark verändert, maßgeblich sind jedoch die markanten Gebäude, die zu der Zeit mit Sicherheit vorhanden waren. Das waren der Harrank, der ein Nebengebäude des Rittergutes war und die Anlage der Koch’schen Mühle. Steht man also am östlichen Ufer der Exter, sieht man deutlich die natürliche Wasserschwelle im Flusslauf und blickt  man auf das gegenüberliegende flache Ufer, sieht man in einiger Entfernung den Harrank (heute weitestgehend verbaut). Rechts begrenzen die Gebäude der Koch’schen Mühlenanlage das Blickfeld.

Am 16.01.2009 erscheint in der Leipziger Volkszeitung ein Bericht im Ressort Kultur mit der Überschrift: "Die einzige Goethe-Zeichnung des Bildermuseums entstand im niedersächsischen Exten". Dort wird die spannende Suche nach der "Geschichte hinter dem Bild" durch Dr Hüttel und den Heimatverein Exten genau dargestellt.

Eine großformatige Kopie dieser für Exten einzigartigen Zeichnung kann demnächst in der Heimatstube besichtigt werden.

ExtenAls nun die Arbeiter aus den Eisenhämmern und den Messerfabriken arbeitslos waren, mussten sie sich nach neuen Arbeitsmöglichkeiten umsehen. Um die Jahrhundertwende brachten unternehmende, tüchtige und gescheite Männer aus Extens Bevölkerung das Korbmacherhandwerk zur Blüte und schafften so Arbeit für das ganze Dorf. - Körbe oder Korbwaren sind Geflechte aus Ruten, Zweigen, gespaltenem Holz, Rattan, Bambus, Esparto, Schilf oder Palmenblattrippen. Das gewöhnlichste Material zum Korbflechten sind Weidenzweige von speziell zu diesem Zweck angepflanzten Korbweiden.

 

(rechts, Korbfabrikant Hermann Meyer 1910)

Hermann MeyerDamals stellten die Glasfabriken Heye – Obernkirchen, 1799 gegründet, und Stoevesandt – Rinteln, 1834 gegründet, Großglas her, d.h. Ballons von 5 bis 60 Liter Inhalt. Als stoßfeste Verpackung für diese Erzeugnisse benutzte man Weidenkörbe. Bei diesen Firmen waren schon Facharbeiter beschäftigt, die zum größten Teil aus West- und Süddeutschland stammten und neue Korbmacher ausbildeten. Ehemalige Messerschmiede und Ziegler benutzten diese Gelegenheit, um zu einer dauerhaften Verdienstmöglichkeit zu kommen. Anfangs gingen sie noch im Sommer auf Wanderschaft, während sie nur im Winter in den Korbmachereien der Glashütten in Obernkirchen und Rinteln arbeiten. Bald aber arbeiteten sie das ganze Jahr hindurch in der aufblühenden Industrie ihrer Heimat. Warum sollten sie noch in die Fremde ziehen, wenn sie in der Heimat ausreichenden Verdienst hatten? In den Glasfabriken von Obernkirchen und Rinteln erlernten also die ersten Korbmacher ihr Handwerk und Korbmacherei Meyer im Gallenortvervollkommneten bald ihre Fertigkeit. Schon um das Jahr 1850 arbeiteten eine Anzahl Korbmacher aus Exten in den beiden Glasfabriken. Sie gehörten zu den ersten Korbmachern unseres Kreises. Etwas später, um 1865, entstanden in Rinteln zwei selbständige Korbmacherbetriebe und etwa 15 Jahre danach wurden in Strücken 1 und in Exten 3 Korbmachereibetriebe gegründet. Im Jahr 1878 entstand auch die bis in die 1950er Jahre größte Korbmacherei in Exten, nämlich die Korbwarenfabrik Hermann Meyer im Gallenort. (hier links im Bild)

Exten(rechts, verschieden Korbarten) Diese Korbmachereien deckten nicht nur den Bedarf der Bevölkerung, sondern lieferten ihre Waren in erster Linie an die Glasfabriken unseres Kreises, später auch an die in Minden (Gerresheimer Glas) und in Nienburg und schließlich auch an die chemische Industrie. Der Aufschwung des Korbmachergewerbes war in diesen Jahren beachtenswert. Schon um 1900 hatte sich das Gewerbe auf fast alle Orte im Süden unseres Kreises ausgebreitet: Exten, Strücken, Hohenrode, Uchtdorf, Volksen, Krankenhagen, Silixen, Wennenkamp, Rinteln, Möllenbeck, Engern, Deckbergen und in geringem Umfang auf einige andere Dörfer.

Exten(links, fertige Körbe) Viele, die in den Glasfabriken gearbeitet hatten, machten sich nun selbständig. Der Absatz der Körbe war gesichert. Nun belieferte man nicht nur die Glasfabriken mit Körben, sondern arbeitete auch seit etwa 1900 für die Fischereihäfen Wesermünde, Cuxhaven, und Hamburg. Es wurden in Exten und den umliegenden Orten nun Körbe in der Hauptsache für den Frischfischversand hergestellt. Diese sichere Stellung veranlasste die meisten Arbeiter, ihr Arbeitsverhältnis mit den Glasfabriken zu lösen und in eigener Werkstatt, „Bude“ genannt, Körbe zu flechten. Zu diesen Betrieben kam eine große Anzahl von Einmann-Werkstätten, die stark von einem Großbetrieb abhängig waren und deshalb wohl als richtige Hausgewerbetreibende bezeichnet werden können. Sie erhielten die Rohmaterialien von einem der größeren Betriebe und verpflichteten sich dafür, die Fertigware wieder an diese zu liefern.

Exten(im Bild rechts, die Körbe werden zum Bahnhof gebracht) In Exten, das immer das Zentrum der Schaumburger Korbmacherei gewesen ist, lebten um diese Zeit von 600 Einwohnern allein 400 von der Korbindustrie. Sie stellten etwa 80.000 Körbe im Jahr her. Während des ersten Weltkrieges stellte man nicht nur Schrott- und Fischkörbe her, sondern auch Geschoßkörbe, für die damals kaum genügend Arbeitskräfte vorhanden waren, weil die Männer im Kriegsdienst standen. Die Entwicklung der Korbmacherei setzte sich auch nach dem Friedensschluss fort. Die Korbmacherei wurde zur Korbindustrie und verschrieb sich mehr und mehr der Fischereihäfen.

Exten(im Bild links, Korbfabrik Meyer) Waren es vor dem ersten Weltkrieg 70.000 Körbe, die jährlich in Exten hergestellt wurden, so wuchs die Zahl bald in die Hunderttausende und Millionen. Die Weide und der Korb wurden beherrschend in der Heim- und Fabrikarbeit. Die jungen Leute wurden in zunehmendem Maße als Korbmacher ausgebildet; viele Besitzer kleinbäuerlicher Betriebe wandten sich in den Zeiten der Hochkonjunktur der Korbmacherei als einer lohnenden Nebenbeschäftigung zu. Die Frauen stellten Korbdeckel und Kappen her, und selbst die größeren Kinder griffen in der Heimarbeit zu, wenn Not am Mann war. Das waren die Zeiten, zu denen in Exten das Geld rollte, als auch die Weidenkorbflechterei einsetzte und Korbsessel, Wäschekörbe und andere Artikel hergestellt wurden. In Exten lebten damals 110 bis 120 Familien mit mindestens 400 bis 500 Köpfen bei einer Gesamtbevölkerung von 950 von der Korbflechterei; man arbeitete in 6 großen und 22 kleinen Betrieben: das halbe Dorf lebte von der Korbindustrie.

Jedoch änderten sich die Zeiten. Es ging nicht immer hoch her in Exten. Nach dem verlorenen 1. Weltkrieg war der Beschäftigungsgrad oft sehr unterschiedlich. Inflation und Weltwirtschaftskrise von 1931 brachten eine große Arbeitslosigkeit. Die Löhne erreichten einen Tiefstand wie kaum je zuvor. In diesen Jahren musste die Korbindustrie um ihre Existenz ringen. Aber man kämpfte sich wieder in die Höhe. 20 und mehr Jahre lang gab die Korbindustrie dem Wirtschaftsleben der Gemeinde Exten immer neuen Auftrieb. Der größte Teil der Bevölkerung hatte während dieser Jahre gute Arbeit und ausreichend Verdienst. Allmählich erholte sich wieder die Extener Wirtschaft. Während des 2. Weltkrieges musste die Produktion von Körben wieder auf vollen Touren laufen. Es wurden wiederum Millionen von Munitionskörben für die Wehrmacht benötigt; jedoch war der Bedarf nicht so groß wie im 1. Weltkrieg. Außerdem fertigten die Korbflechter für den Bau des Westwalles große Weidenmatten an, die man dazu benutzte, die aufgeschütteten Erdmassen zu befestigen und so die Rutschgefahr zu beseitigen.

Exten(im Bild links, Körbe werden auf dem Bahnhof in Exten verladen) Die Zeit unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg war die schwerste für die Extener Korbmacher. Der Fischtransport hatte sich zum größten Teil auf andere Transportarten umgestellt, die Eisenindustrie hatte für Verpackung noch nicht den rechten Bedarf, und die chemische Industrie konnte auch noch nicht wieder genug Korbflaschen aufnehmen, um Exten voll beschäftigen zu können. Wo die Korbmacher Abnehmer fanden, bot man in diesen Jahren so niedrige Preise, dass sich die Herstellung von Körben fast nicht mehr lohnte. Hinzu kam noch, dass die Korbindustrie nach dem verlorenen 2. Weltkrieg von ihren Weidequellen im Osten Deutschlands (Schlesien, Warthegau) und in Polen abgeschnitten war. Im Westen genügenden Ersatz zu beschaffen, stieß auf Schwierigkeiten. Man musste sich mit den vorhandenen Mengen an der Unterelbe, im Rheinland und im Braunschweigschen Gebiet begnügen. Nach der Währungsreform bezogen die Extener Korbmacher ihre Weidenvorräte aus Holland und Belgien. Diese beiden Länder konnten zwar den Ausfall im Osten ausgleichen, doch bringt der Weidenbezug von dort wegen des Zolles und des Transportes erhöhte Kosten mit sich. In den 1950ern hat man mit Neupflanzungen an der Weser begonnen, aber diese deckten nicht den Bedarf. Man bezog deshalb noch Weiden aus der Stader Gegend, aus dem Gebiet von Lüneburg bis zur Elbe und aus dem Weidenanbaugebiet rund um Syke bei Bremen, das dort die Weidenanbaugenossenschaft der Schaumburger Korbmacher unterhielt. Bis 1952 traten aber noch erhebliche Absatzschwierigkeiten auf. Für die Hunderttausende und Millionen Körbe, die früher in Exten produziert wurden, findet man bald nicht mehr genügend Käufer. Die Nachfrage nach Flaschenkörben, denen im Bandeisenkorb für Flaschen eine Konkurrenz entstanden war, erholte sich zuerst wieder. In den 1950er Jahren war die Blütezeit der Extener Korbindustrie aber nun endgültig vorbei.

Exten(links, geschälte und ungeschälte Weiden) Der weitaus größte Teil wird ungeschält benutzt zur Herstellung von Körben für die Industrie. Ein sehr geringer Teil der Weiden wird im Frühjahr geschält. Während die ungeschälten Weiden eine bräunliche Farbe haben, sehen die geschälten gelb aus. Diese geschälten Weiden benutzt man zur Herstellung für die Haushaltswaren, zum Beispiel für Waschkörbe, Korbsessel usw. Eine dritte Möglichkeit ist, die Weiden zu kochen. Sie nehmen dann eine rötliche Farbe an und werden zur Herstellung von Zierkörbchen und Spielwaren benutzt.

ExtenWie wird nun Korb geflochten? Zur Herstellung eines Korbes schneidet der Korbmacher 6 gleichlange Bodenstöcke, je nach der Größe des Korbes. Daraus stellt man ein Kreuz her. Die einzelnen Stöcke müssen voneinander den gleichen Abstand haben, so dass ein Kreis entsteht; dieser wird nun ausgeflochten. Nun werden „Staken“, deren Anzahl sich nach der Größe des Korbes richtet (z.B. hat ein 60 Liter-Korb 27 Staken), in den geflochtenen Boden gesteckt und dort befestigt. Jetzt wird der Weidenring aufgesetzt. Er soll verhindern, dass die Staken umkippen. Nun wird der Korb bis zur gewünschten Höhe geflochten. Als letztes wird zu beiden Seiten des Korbes ein Griff gedreht und der Korb sauber „ausgeputzt“.

ExtenIn der Glasindustrie werden 3 verschiedene Korbarten verwendet: Bei dem „Demijohn“ liegt das Geflecht bis zum Hals der Flasche an. Der Flaschenkopf wird mit einer Kappe verschlossen. Bei der Korbflasche wird das Glas in einen mit reichlich Stroh ausgeschlagenen Korb gesetzt, der danach mit einem Deckel abgedeckt wird. Der Kopf der Flasche wird wiederum mit einer Kappe verschlossen. Schließlich kennt man noch den Glasballon im Korb. Während Demijohn und Korbflasche ganz von Korbgeflecht umschlossen werden, bleiben bei dem Ballon Hals und Kopf der Flasche frei. Das Glas wird also nur in einen Korb, der mit Stroh ausgeschlagen ist, eingesetzt. Außer den Körben für die Glasindustrie wurden noch in Exten Fischkörbe, Kleineisenpackkörbe, Körbe für das Braunschweiger Gemüseanbaugebiet, für die Konservenfabriken und die Forstbaumschulen und Kartoffelkörbe hergestellt.

Exten1956 fielen von jährlich 250.000 hergestellten Körben in Exten, 120.000 auf die Firma Meyer. Die anderen wurden in den Korbmachereien Edeler und Röhmeier zum größten Teil in der Hausarbeit hergestellt. Von den 250.000 Körben waren damals 55 % Flaschenkörbe und 15 % Eisenpackkörbe. Der Drahtkorb, der der Extener Korbindustrie eine Zeit lang Konkurrenz machte, setzte sich nicht durch. Bei der Firma Meyer fertigte ein Korbmacher im Schnitt 10-15 Körbe pro Tag. Der Verdienst war nach Stückzahl berechnet.

Weiden und Körbe bestimmte über viele Jahre das Dorfbild von Exten. Auch diese Industrie hat die Zeit nicht überdauert. Die Extener mussten sich bald neuen Einnahmequellen zuwenden.

Exten(im Bild rechts, Bassgeigenkorb) Auch Spezialaufträge wurden in Exten bearbeitet. Das Foto zeigt eine Spezialanfertigung für den Transport einer Bassgeige. Ein Orchester hat sich für jedes Instrument spezielle Reise- und Transportkörbe fertigen lassen.

 

nach Gerhard Thon
Bilder vom Korbmacher Meyer von Rudolf Meyer

 


 

aus der Schaumburger Zeitung:

Hamburger Fische wurden in Extener Weidekörben verschickt

Exten (who). Handgeflochtene Weidenkörbe werden heute eigentlich nur noch zu Dekorationszwecken verwendet – in Exten war die Industrie rund um den Korb jedoch für mehrere Dekaden der größte Wirtschaftszweig. Eine frühe Hofansicht aus Exten: Körbe über Körbe stapeln sich vor dem Haus. Zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg werden pro Jahr Hunderttausende Körbe in Exten geflochten. Repro: who Um die Wende zum 20. Jahrhundert brachten tüchtige Männer aus Extens Bevölkerung das Korbmacherhandwerk zur Blüte und schafften so Arbeit für das ganze Dorf. Besonders die Glasfabriken Heye in Obernkirchen sowie Stoevesandt in Rinteln waren als Großglas-Hersteller von Ballons mit fünf bis 60 Liter Inhalt Hauptabnehmer für die stoßfesten Weidenkörbe aus Exten. Nicht zuletzt Facharbeiter der beiden Glashütten, die zum größten Teil aus West- und Süddeutschland stammten, bildeten die ersten Extener Korbmacher aus, darunter viele ehemalige Messerschmiede und Ziegler.

Um 1865 entstanden in Rinteln zwei selbstständige Korbmacherbetriebe und etwa 15 Jahre später wurden in Exten drei Betriebe sowie einer in Strücken gegründet. 1878 entstand die bis in die fünfziger Jahre größte Korbmacherei in Exten, die „Korbwarenfabrik Hermann Meyer“ im Gallenort. 1956 entfielen von jährlich 250 000 hergestellten Körben in Exten 120 000 auf die Firma Meyer. Bei dem Unternehmen fertigte ein Korbmacher im Schnitt zehn bis 15 Körbe pro Tag und wurde nach Stückzahl entlohnt.

Die Körbe gingen an die Glasfabriken in Schaumburg und später auch an die in Minden und Nienburg sowie schließlich auch an die chemische Industrie. Schon um 1900 hatte sich das Gewerbe auf fast alle Orte im Süden des Kreises ausgebreitet. Viele Korbmacher, die bislang in den Glasfabriken gearbeitet hatten, machten sich selbstständig, denn der Absatz der Körbe war gesichert.

So auch durch neue Kunden in den Fischereihäfen Wesermünde, Cuxhaven und Hamburg. Deshalb wurden in Exten und den umliegenden Orten nun auch Körbe für den Frischfischversand hergestellt. In der Folge entstanden auch zahlreiche Ein-Mann-Werkstätten, die ihre Rohmaterialien von einem der größeren Betriebe erhielten und dafür Fertigware lieferten. In Exten selber lebten in dieser Zeit von 600 Einwohnern allein 400 von der Korbindustrie. Sie stellten etwa 80 000 Körbe im Jahr her.

Während des Ersten Weltkrieges wurden neben Schrott- und Fischkörben auch Geschosskörbe gemacht. Die Verwendung der Extener Körbe wurde immer vielfältiger, darunter gab es auch feinere Ausführungen wie zum Beispiel Korbsessel, Wäschekörbe oder Behälter für den Versand von Kontrabässen.

Die Entwicklung der Korbmacherei setzte sich auch nach dem Ersten Weltkrieg stetig fort und wurde zu einer wahren Korbindustrie: Bald wurden Hunderttausende und Millionen Körbe pro Jahr allein in Exten geflochten. Damals lebten 110 bis 120 Familien mit 400 bis 500 Köpfen bei einer Gesamt-Einwohnerzahl von 950 Menschen von der Korbflechterei. Es gab sechs große und 22 kleine Betriebe.

Der Zweite Weltkrieg stoppte diesen Boom: Die Extener Korbindustrie konnte ihre vorherige Stärke danach nicht wieder erreichen, unter anderem weil die Anforderungen der Abnehmer sich geändert hatten. Neue wirtschaftliche Entwicklungen brachten dann das endgültige Aus für den handgeflochtenen Weidenkorb aus Exten

© Schaumburger Zeitung, 26.10.2009

Exten

Gegen 1800 wurde die Extener Eisenwarenindustrie durch die Einrichtung zweier Messerfabriken weiter ausgebaut. Diese beiden Werke gehörten H. W. Francks und Fr. Francks. 1838 kam noch ein drittes Werk dazu, dass den Söhnen von Francks, später aber einem Schade gehörte. Diese Messerfabrikanten müssen in Exten sehr angesehene Leute gewesen sein. Vorübergehend waren Fabrikant Francks und später auch Schade Bürgermeister. Die Messerfabrik der Francks befand sich in dem langen Fachwerkhaus neben Korbfabrikant Meyer im Gallenort an der Exter. Dort teilt sich die Exter und fließt noch heute unter dem Haus der ehemaligen Messerschmiede durch. Anfangs hatten die Messerfabriken eine schwere Krise durchzumachen. 1835 lagen die Grafschaft Schaumburg und das Fürstentum Lippe als Fremdkörper zwischen den Ländern des Steuervereins und des Zollvereins; ein paar Jahre später, als Kurhessen sich dem Zollverein angeschlossen hatte, trennten Zollschranken immer noch die Grafschaft von dem großen hannoverschen und oldenburgischen Markt. Als diese Krise überwunden war, nahmen die Messerfabriken in Exten einen guten Aufschwung. Alle drei Messerfabriken zusammen gaben um 1850 90 Messerschmieden Arbeit, die jährlich 300.000 Messer, Gabeln, Feuerstähle und auf Bestellung auch Scheren produzierten. An 28 Feuern wurde gearbeitet, die Schleif- und Polierkräfte wurden ebenfalls durch die Wasserkraft der Exter angetrieben. Man verbrauchte in den Messerfabriken jährlich für etwa 7.000 Taler Rohmaterial und zahlte etwa 7.000 Taler Arbeitslohn, während sich der jährliche Wert der Produktion auf etwa 20.000 Taler belief.