Exten/Minden (pk). „Das kann doch nicht alles gewesen sein“, sagte sich Renate Gerda Maschmeier, als sie 2009 zunächst in Altersteilzeit und ein Jahr später in Rente ging. „Wenn man immer mit Leuten zu tun hatte, und das plötzlich nicht mehr da ist, dann fehlt plötzlich was.“ Also fing sie an, zu schreiben.
Zunächst tauchte die gelernte Apothekerhelferin, die zuletzt lange als Verwaltungsangestellte arbeitete, vor allem ein in die Vergangenheit ihrer Eltern, die aus Ostpreußen stammen. Sie schrieb die Erzählungen ihrer Eltern, die sie noch in Erinnerung hatte, auf. Daran schlossen sich bald die Erinnerungen eigener Erlebnisse an, die sich vor allem in Rinteln, genau genommen in Exten abspielten. Am Ende ist dabei ein 316 Seiten starkes Buch herausgekommen, das seit letzter Woche im Handel erhältlich ist. Renate Gerda Maschmeier mit ihrem ersten Buch „Weidenkäpsel – Eine aufregende Kindheit zwischen Plumpsklo, Rübenzapp und Korbmacherbude“. „Weidenkäpsel – Eine aufregende Kindheit zwischen Plumpsklo, Rübenzapp und Korbmacherbude“ lautet der Titel. Rübenzapp? „Rübenzapp ist Rübensaft, ein Sirup, den meine Eltern früher selbst machten“, erläutert die gebürtige Rintelnerin Maschmeier. Und Weidenkäpsel? Die Aufnahme von 1955, die den Umschlag ziert, zeigt die achtjährige Renate mit ihrem Vater, der gerade Weidenkäpsel anfertigt. „Das sind geflochtene Kappen für Glasflaschen“, erklärt Maschmeier. Ihr Vater, Richard Krenz, verdiente damit in einer Korbmacherbude in Exten ihren Lebensunterhalt. Nachdem er im Krieg ein Bein verlor, konnte er nicht mehr wie in Ostpreußen als Bauer oder Postangestellter tätig sein. Aus Ostpreußen wurden die Eltern vertrieben, und obwohl Vertriebene „hier nicht gerne gesehen waren“, kann sich Maschmeier nicht daran erinnern, deshalb jemals Probleme bekommen zu haben. „Ich hatte eine wunderschöne Kindheit“, stellt sie fest. Und diese wunderschöne Kindheit will sie nun mit den Lesern teilen: Erinnerungen an den Schifferklavier spielenden Vater, an die Mutter, die die Kirche putzt und gemeinsam mit ihrem Mann als Küster die Glocken der Extener Kirche läutet, an die Arbeit der Korbmacher, ans Rübenziehen, Kartoffelernten und Süßmosterei und vieles mehr. Dabei hatte sie bis dahin nie bewusst Ambitionen, zu schreiben. Aber rückblickend fällt ihr auf, dass sie immer diejenige war, die im Auftrag ihrer Familie die Briefe an Verwandte und Freunde schreiben musste. Bei einem Besuch in der Heimatstube in Exten holte sie durch all die dort ausgestellten und ihr so vertrauten alten Gegenstände ihre Vergangenheit ein. Mit Horst Vöge vom Heimatverein tauschte sie sich darüber aus, bis dieser scherzhaft gesagt habe: „Wenn Sie daraus mal ein Buch machen, dann möchte ich aber auch ein Exemplar!“ Dieser Gedanke ließ sie nicht mehr los. Die positiven Reaktionen auf ihre Weihnachtsgeschichte, die sie Weihnachten vor einem Jahr bei der Schaumburger Zeitung veröffentlichte, bestärkten sie darüber hinaus darin, weiterzuschreiben. Sie schrieb und schrieb und nahm irgendwann erneut Kontakt mit Horst Vöge auf, der sie mit Bernd Kirchhoff bekannt machte. „Er hat dann alles Weitere in die Wege geleitet“, sagt Maschmeier. Das Buch endet mit der „letzten Reise“ ihres Vaters, die ihn nach Wismar führte, wo er häufig seinen Bruder besucht habe und 1983 starb. Begraben wurde er jedoch in Exten, was zu bewerkstelligen, „ein großes Theater“ gewesen sei. Dass ihr Buch damit endet, mache deutlich, wie eng die Bindung zu ihrem geliebten Vater gewesen sei. Zumal sie einige Jahre später aus Exten nach Minden zog. Informationen: Für das nächste Jahr soll Renate Gerda Maschmeier öffentlich aus ihrem Buch vorlesen. „Weidenkäpsel – Eine aufregende Kindheit zwischen Plumpsklo, Rübenzapp und Korbmacherbude“ ist in der Buchhandlung Sedlmair, beim Stadtmarketingverein Pro Rinteln und an der Raiffeisen Tankstelle in Krankenhagen zum Preis von 14,85 Euro erhältlich.
© Schaumburger Zeitung, 28.12.2011